Untersuchungsmethoden der Mikrobiomforschung

Mit der Einführung der Sequenzierung, insbesondere der Next-Generation-Sequencing (NGS) (dt.: Hochdurchsatzsequenzierung), hat sich die Mikrobiomforschung in den letzten Jahrzehnten stark weiterentwickelt (vgl. Bauer, 2019, S.13; Wagner 2019, S. 18)....

5/11/20244 min read

Next-Generation Sequencing und Omics-Techniken

Mit der Einführung der Sequenzierung, insbesondere der Next-Generation-Sequencing (NGS) (dt.: Hochdurchsatzsequenzierung), hat sich die Mikrobiomforschung in den letzten Jahrzehnten stark weiterentwickelt (vgl. Bauer, 2019, S.13; Wagner 2019, S. 18) Dies ermöglicht den Forschern die mikrobielle Zusammensetzung einer deutlich größeren Anzahl an Mikroorganismen in komplexen Proben schneller zu sequenzieren, um Aussagen über Funktion und Zusammensetzung des Mikrobioms treffen zu können (vgl. Bahjati & Tarpey 2013, S. 236; Beule 2018, S. 282f.; vgl. Richter & Wohlrab 2023, S. 172). Mit der ursprünglichen Kultivierungsmethode konnte hingegen nur ein Bruchteil des Mikrobioms analysiert werden (vgl. Beule 2018, S. 282f.). Die Fortschritte in der Bioinformatik durch die modernen Analysetechniken ermöglichen die Untersuchung mikrobieller Gemeinschaften von DNA- und RNA-basierten Ansätzen in ihren natürlichen Lebensräumen (vgl. Liu et al. 2012, S. 1ff.). Dabei werden die genomikgestützten Daten gesammelt und unter Einbezug der Faktoren ausgewertet (vgl. Bauer 2019, S. 13f.; Bahjati & Tarpey 2013, S. 236). Durch unterschiedlichen Sequenzierungsmethoden werden verschiedenen Bestandteile des Genoms sequenziert, die anschließend sinnvoll zusammengefügt werden müssen (vgl. Bauer 2019, S. 13). Innovative NGS-Methoden und bioinformatische Analyse ermöglichen es das Potenzial des Mikrobioms zur Bewältigung globaler und gesundheitsrelevanter Probleme zu erforschen und zu nutzen. Eine vollständige Darstellung sämtlicher Methoden der angewandten Mikrobiomforschung ist für die Unterrichtskonzeption nicht zielführend. Daher beschränkt sich die nachfolgende Ausführung auf zwei molekulare Methoden: die Analyse des 16S-rRNA-Gene sowie die Omics-Technologien..

16S-rRNA

Die ribosomale 16S-RNA (16S-rRNA) kommt in allen prokaryotischen Organismen vor (vgl. Wagner 2019, S. 18). Bei dieser Technik werden die genetischen Informationen der 16S-rRNA zur taxonomischen Charakterisierung amplifiziert und sequenziert ohne, dass eine Kultuvierung notwendig ist (vgl. Wagner 2019, S. 18; Beule 2018, S. 282). Die ribosomalen Nukleinsäuren sind ein Teil der bakteriellen Ribosomen, die aus Geninformationen die passenden Proteine zusammenbauen. Die 16 S-rRNA wird genutzt, um Bakterienarten durch Sequenzierung eindeutig zu identifizieren und voneinander zu unterscheiden, da sie in ihrer

Sequenz hochkonserviert ist. (vgl. Beule 2018, S. 282). Mit dieser neuen Technologie konnte eine Vielzahl neuer Bakterienstämme identifiziert werden (vgl. Wagner 2019, S. 18)

Obwohl die 16S-rRNA Sequenzanalyse weniger aufwendig ist als die Metagenomsequenzierung, da sie nicht die gesamte DNA eines Organismus untersucht, beschränkt sich ihre Aussagekraft auf die Diversität und Zusammensetzung der mikrobiellen Gemeinschaften. Funktionelle Aspekte der Mikroorganismen bleiben dabei unberücksichtigt, was die Nutzung dieser Methode in der funktionalen Mikrobiomforschung einschränkt (vgl. Peter 2016, S. 10 ff.; Sharpton 2014, S. 1). Die Beschränkungen und Fehleranfälligkeiten der 16S-rRNA-Sequenzierung, werfen Fragen auf, die die Zuverlässigkeit der erzielten Daten beeinträchtigen können. Diese Probleme haben zu einer kontinuierlichen Suche nach verbesserten Methoden für Mikrobiomanalysen geführt (vgl. Richter & Wohlrab 2023, S. 172).

Omics-Technologien

Die Untersuchung von Mikrobiomen durch -omics-Technologien wie Shotgun Metagenomics, Metatranskriptomic, Metaproteomic oder Metabolomic ermöglicht, die mikrobielle Zusammensetzung, Diversität und funktionelle Potenzial mikrobieller Gemeinschaften zu verstehen (vgl. Zhang et al. 2019, S. 1). Die Kombination dieser Techniken stärkt das Verständnis des Mikrobioms und ermöglicht detaillierte Informationen über mikrobielle Aktivitäten in der Umwelt. Die Verwendung verschiedener Methoden, die sich gegenseitig ergänzen, ist daher notwendig, um verschiedene Fragen zu beantworten und die Vorteile der jeweiligen Techniken zu nutzen (vgl. Berger 2020, S. 10). Die Shotgun-Metagenomik ist ein leistungsfähiges Werkzeug zur Entdeckung neuer Enzyme aus nicht kultivierbaren Mikroorganismen. (vgl. Berini 2017, S. 1; vgl. Wagner 2019, S. 20). Mit dieser Technik wird die gesamte DNA einer Probe sequenziert, was eine umfassende Analyse des Genpools ermöglicht (Sharpton 2014, S. 1). Die Metagenomik bietet Einblicke in das genetische Potenzial des Mikrobioms, sagt jedoch nicht aus, welche Gene tatsächlich aktiv sind. Zudem erfordert diese Methode eine große Rechenkapazität und ist mit höheren Kosten verbunden (vgl. Peter 2016, S. 14 f.).

Interaktionen im Mikrobiom: Grundlagen und Auswirkungen

Die Einheit aus Wirt und Mikrobiota wird als Holobiont bezeichnet. Die Interaktion zwischen einem Wirt und seinem Mikrobiom, bestehend aus Mikroben im Körper von Tieren, Menschen und Pflanzen, sind entscheidend für die Entwicklung und Aufrechterhaltung von Körperfunktionen (Bosch 2022, S. 17). Die Mikrobiota interagieren mit ihrem Wirt, um die Physiologie zu beeinflussen und zu Gesundheit, Wachstum oder Fitness beizutragen (vgl. Sharpton 2014, S. 1) Ein gesunder Zustand des Holobionten geht mit Eubiose, hoher Diversität und Uniformität der Mikrobiota. Die Fähigkeit zur Aufrechterhaltung mikrobieller Homöostase, also eines Gleichgewichts innerhalb der mikrobiellen Gemeinschaften, ist von entscheidender Bedeutung für die Gesundheit des Holobionten (vgl. Hooks et al. 2017, S. 9). Der Krankheitszustand, das Pathobiom, ist durch Dysbiose gekennzeichnet, eine Störung dieses Gleichgewichts mit geringer Diversität sowie Variabilität. Die Dysbiose führt zu einer veränderten Zusammensetzung der Mikrobiota und hat weitreichende Auswirkungen auf das Immunsystem und die Entstehung von Krankheiten (vgl. ebd.). Die Mikrobiota reagiert auf physiologische, ökologische und evolutionären Zeitrahmen auf externe Störungen und beeinflussen den Phänotyp des Wirts (vgl. Dominguez-Bello et al. S. 1108). Deshalb sind Mikrobiome in zeitlicher Dynamik als Reaktion auf biotische und abiotische Schwankungen (vgl. Stegen, 2018, S. 20 f.). Durch die Veränderungen der Umweltbedingungen und Ernährungsumstellungen können zu Fehlanpassungen des Mikrobioms führen, die anfänglich vorteilhaft sein können, unter neuen Umweltbedingungen jedoch nicht mehr (vgl. Dominguez- Bello et al. S. 1108). Die Modernisierung und Urbanisierung stellen Herausforderungen für die menschliche Gesundheit dar. Aus diesem Grund entwickelten Mikroben mit ihrem Wirt ein Immunsystem. Die komplexen Mechanismen können eindringende Mikroben identifizieren und zerstören. Dabei werden nicht nur Pathogene, sondern auch Mikrobiota-Mitglieder ausgeschlossen. Die natürliche Nische der Mikrobiota sind die Epithelien und ist somit die Schnittstelle zwischen dem Wirt und der Außenwelt, und die Interaktion mit der Umwelt wie Ernährung, Sonnenlicht, Baden etc. passieren diese Schnittstelle (vgl. Dominguez-Bello et al. S. 1108).